Die Story

„Das Beste, was Honig werden kann.“

Mit diesem Anspruch wollen die beiden Stadtimker Michael Busse und Michael Hertweck die Jahrtausende alte Tradition des „Honigbieres“ zu neuem Leben erwecken.

Wer ein süßes Bier erwartet, wird überrascht sein. Das Bierbrauen mit Honig hat Tradition: Schon bei den Germanen und Wikingern war es üblich, dem Bier etwas Honig hinzuzufügen, um es haltbarer zu machen. Denn Honig verfügt von Natur aus über Konservierungsstoffe und verleiht dem Bier ein besonderes Aroma, ohne das Bier zu süßen. Spätestens mit der Einführung industrieller Brauverfahren wurde der Honig durch den billigeren Hopfen ersetzt und verschwand aus dem Bier.

Die Idee hinter „craftBEE“

Michael Busse und Michael Hertweck von der Arbeitsgemeinschaft Kasseler Stadtbienen haben sich zum Ziel gesetzt, die alte Tradition des Honigbieres mit einem eigenen Craft-Bier neu zu beleben. „Mit einem Bier, in dem man die Vielfalt der Pflanzen in den Parks und Gärten der Stadt schmecken kann,“ erklärt Michael Hertweck die Idee hinter „craftBEE“. Fachliche Unterstützung bekamen die beiden frisch gebackenen Bierbrauer von Sascha Nicolai, Braumeister bei der Hütt Brauerei, der das Craft-Bier eigens für den selbstproduzierten Stadthonig komponierte. „craftBEE“ wird in kleinen Suden, in echter Handarbeit und mit hochwertigen Zutaten hergestellt.

Mit Bier- und Bienenallergie zum Honigbier

Zum Honigbier kamen die Macher von „craftBEE“ auf höchst unterschiedliche Weise: Michael Busse ist, wie er selbst sagt, kein Freund von Bier. „Ich habe mich immer gefragt, wie alle anderen dieses bittere Gesöff zu sich nehmen können,“ resümiert er seine „Allergie“ gegen den herben Geschmack. Auch „Honigbier“ schmeckt nach Bier, allerdings mit einem feinen Honigaroma, ohne süß zu sein. Das hat auch Michael überzeugt.

Michael Hertweck dagegen hat eine echte Allergie, und zwar gegen Bienengift, die ihm bei einem Bienenstich das Leben kosten kann. Und trotzdem ist er Imker aus Leidenschaft. „Ich kann nicht anders, als mich mit diesen faszinierenden Wesen zu beschäftigen“ beschreibt Michael seine Motivation, immer wieder neue Projekte rund um die Biene ins Leben zu rufen. So auch das „craftBEE“, das er jetzt gemeinsam mit seinem Imkerkollegen braut.

Über die Bierbrauer

Michael Busse und Michael Hertweck sind Stadtimker aus Kassel. Im Sommer 2015 kam ihnen die Idee, die Jahrtausende alte Tradition des Bierbrauens mit Honig wieder zu beleben. Passend zum selbst hergestellten Stadthonig hat der Braumeister Sascha Nicolai von der Hütt Brauerei ein Craft-Bier komponiert, das in echter Handarbeit und mit Zutaten aus der Region gebraut wird.

Mittlerweile sind neue Kooperationen mit kreativen Brauern und Imkerkollegen, die besondere Honige aus dem In- und Ausland beigesteuert haben, entstanden. So haben die Braumeister Thorsten Susemichel, Fabio Schinkel und Uwe Kalms geniale Biere für craftbee komponiert. Stets im Fokus ist der schonende Umgang mit den Rohstoffen, eine konsequent handwerkliche Herangehensweise und eine optimale Trinkbarkeit. Ziel bleibt es weiterhin, besondere Honige in besondere Biere zu überführen.

Suffer Head – Original

Zutaten: Brauwasser, Gerstenmalz, Honig (2,5%), Hefe, Hopfen

Nicht einfach nur ein Bier, sondern das Bier, das als erstes in den Rang eines documenta-Kunstwerkes erhoben wurde.

Zur Erinnerung der Text von Boris Georgiev:

Auf der documenta 14 wurde ein ungewöhnliches Projekt präsentiert – ein Künstler gestaltete ein Bier.

Angefangen hat es im November 2016 mit der Ausstellung „Das Afrikanische Bierlaboratorium I“ im Ludlow 38 in New York. Emeka Ogboh, nigerianischer Emigrant und wohnhaft in Berlin, präsentierte dort einen fiktionalen Dokumentarfilm (Mockumentary) über ein ebenfalls fiktionales Bier, gebraut mit Chili. Und benannt nach dem Song „Original Suffer Head“ von Fela Kuti, in dem es um die nigerianischen Politik geht, die zur Massenemigration der Bevölkerung geführt hatte.

Cameo-Auftritte von Kuratoren und Freunden des Künstlers, die sich als Bierexperten geben, sind ebenfalls zu sehen. Mit dem Video wollte Ogboh auf die Probleme aufmerksam machen, die Flüchtlinge überall haben, weil sie in eine fremde Kultur gestoßen werden. Oftmals werden sie dort als Störenfriede bezeichnet, im schlimmsten Fall pauschal als Terroristen. Wir kennen das hierzulande ja all zu gut.

Der nächste Gedanke war: Warum das nur als fiktives Projekt gestalten, warum nicht wirklich ein Bier entwickeln und brauen? Im Rahmen der Dokumenta 2014 ergab sich dann die Möglichkeit. Emeka traf sich mit verschiedenen Brauereien aus dem Kasseler Raum, relativ schnell kristallisierte sich Craftbee als die Richtige heraus, allein schon, weil sie das Know-How haben, Bier mit Honig zu brauen, eine Zutat, die der Künstler gerne in seinem Bier haben wollte.

Der Imker Michael Hertweck und der Brauer Sascha Nicolai hatten sich Ende 2015 zusammengefunden, um Honigbier zu produzieren, genau genommen ein Biermischgetränk mit Honig, weil das lebensmittelrechtlich anders nicht ging. Der Künstler hatte zuvor bereits mit Vagabund in Berlin gebraut, allerdings nur Fassbier. Nun sollte das Gesamtkunstwerk sowohl die Flasche, deren Gestaltung als auch den Inhalt umfassen.

Finanziert wurde das Projekt von der Documenta, auf der das Bier dann auch ausgeschenkt und verkauft wurde. Anfänglich gingen die Vorstellungen von Emeka, Sascha und Michael recht weit auseinander – der Künstler, an die scharfe Küche Afrikas gewöhnt, wollte entsprechend viel Chili im Bier haben, doch letztlich sollte das Bier eine Drinkability haben und nicht zum Feuerspucken animieren. Anders ließen sich die geplanten 50.000 Flaschen kaum an den Konsumenten bringen. Auch beim Alkoholgehalt wurden Abstriche gemacht, wobei die verbliebenen 7,9 % mehr als ausreichend sind. Fünf Testsude zu 50 Litern wurden gemacht und gemeinsam verkostet, ergänzt durch Leute von der Dokumenta.

Sascha ist im eigentlichen Berufsleben Braumeister bei Hütt, wo er auch die Craftbee-Kreationen produziert. Naheliegend, das Original Suffer Head ebenfalls dort einzubrauen. Offiziell ebenfalls ein Biermischgetränk. „Wir hätten einen Antrag auf Genehmigung eines besonderen Bieres stellen können. Aber da weiß man nie, wie lange das dauert“, erklärt Sascha. „Zudem hatten wir einen engen Zeitplan und es war ja nicht unser Bier. Wäre da was schief gelaufen, also hätten wir das Bier fertig gehabt aber dann keine Genehminung bekommen, hätte das unseren finanziellen Ruin bedeutet. Mit der Documenta gab es ausgeklügelte Verträge. Also sind wir lieber den Weg des geringsten Widerstands gegangen.“

Aber mit dem Brauen war es noch lange nicht getan. Emeka hatte auch eine besondere Verpackung entworfen: Die Flasche in mattschwarz. Dazu schwarze, matte Etiketten mit kleiner Riffelung, deren Schrift erhaben und glänzend sein sollte. „Das umzusetzen war nicht einfach“, wie Sascha betont. „Wie wir nach längerer Suche herausgefunden hatten, gibt es in ganz Deutschland nur eine Druckerei, die in der Lage ist, solche Etiketten zu drucken. Und diese Etiketten kann wiederum nicht jede beliebige Etikettiermaschine verarbeiten. Unsere konnte es jedenfalls nicht. Also mussten wir das entsprechende Gerät ausleihen.“

Das ganze Unternehmen stellte die Brauerei vor eine Menge logistischer Herausforderungen. Bei den Flaschen war es nicht einfacher. „Zunächst mussten wir die 50.000 Flaschen besorgen. Dann zum Lackierer fahren, der die mattschwarze Farbe auftrug. Anschließend zurück zur Brauerei.“ Und dann ging es mit dem Etikettieren los. Per Hand wurde die Maschine gefüttert, die 600 Flaschen pro Stunde schafft. 50.000 durch 600 macht, äääh, 83 Stunden, also zehn Arbeitstage. Wenn alles glatt läuft. Abschließend mussten die Flaschen „nur noch“ händisch in 24-Kisten verpackt werden, welche auch extra besorgt werden mussten, denn solche Mengen kann die Brauerei nicht für längere Zeit entbehren. Alles für die Kunst.

Zusätzlich haben sie noch einen Teil der Auslieferung übernommen, wenn sie ihre Kunden beliefert haben. Auch die Betreuung von Projekten auf der documenta, Foodpairings oder Tastings gehörte zu ihren Aufgaben. Die Preisfindung und die Werbung für das Bier lagen wiederum ausschließlich bei der documenta. Für die stolze Summe von 8 Euro konnte man anfänglich eine Flasche erwerben. Irgendwann war klar, dass es nicht möglich sein würde, zu dem Preis so viele Flaschen zu verkaufen und der Preis wurde auf 4 Euro gesenkt. Was wiederum für ein Stück Kunst, dass man mit allen Sinnen genießen kann, sehr erträglich ist. Noch ist das Bier zu haben, man sollte ich allerdings ranhalten.

Eine Neuauflage dieses Bieres wird es nämlich nicht geben. Aber Emeka Ogboh hat anscheinend Spaß daran gefunden, Kunst und Bier zu kombinieren: Im Rahmen der Ausstellung Kultur-Projekte 2017 in Münster hat er zusammen mit Philipp Overberg (Gruthaus-Brauerei) das „Quiet Storm“ eingebraut, ein Honigbier mit Lindenblüten. Während der Gärung wurde das Bier mit einer Klanginstallation des Künstlers beschallt, die Hefe durfte sich einen speziell komponierten Fermentations-Soundtrack anhören, die ursprünglichen Aufnahmen stammten von einem Markt aus Lagos. Über Kontaktlautsprecher wurde der Saoud dann auf die Gärtanks übertragen. Man sagt, die Hefe sei besonders aktiv gewesen.

Und, würden Michael und Sascha und so ein Projekt noch mal machen? „Jederzeit“, sagt Sascha ohne zu zögern. „Das war zwar nicht immer einfach und sehr zeitintensiv. Aber es hat auch Spaß gemacht, sich den ganzen Herausforderungen zu stellen.“